Die Initiative „EUREKA! Schulen in globalem Dialog“ wurde 2017 an der Alexander-von-Humboldt-Schule in Wittmund von der Schulleitung zusammen mit interessierten Lehrkräften und Eltern mit dem Ziel gegründet, die weltweiten Schulpartnerschaften unserer Gesamtschule zu einem Netzwerk von Akteuren auszubauen und neue Lerngemeinschaften anzubahnen. Das Leitbild des Netzwerkes orientiert sich am vierten Ziel der Agenda 2030 der UNO und dem Aktionsprogramm der UNESCO Global Citizenship Education, dessen Bildungsanforderungen im Kontext der großen Transformation zu nachhaltigem Denken und Handeln in der gemeinsamen Projektarbeit eine wesentliche Rolle spielen. Das vierte SDG der Agenda 2030 fordert, dass alle Lernenden wesentliche Kompetenzen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben. Hierfür ist eine Bildung über nachhaltige Lebensweisen, über Menschenrechte und Geschlechtergleichstellung, über eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, über Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vieldeutigkeit notwendig. Der Ausruf „EUREKA!“ meint ein schon seit der Antike bekanntes Erleben neuer und ursprünglicher Einsichten in der Vielfalt unserer gemeinsamen Welt, die uns zur Verantwortung für den wertvollen Lebensraum unserer begrenzten Erde aufruft. Diese Verantwortung ist die Leitlinie eines neuen Dialogs über die drängenden globalen Herausforderungen zukünftiger Generationen, der hier auf dieser Plattform, aber auch in jährlichen Austauschprojekten der Partnerschulen kontinuierlich und stets neu weitergeführt wird.

Das multilaterale Austauschprojekt „EUREKA! Schulen in globalem Dialog“ vernetzt gegenwärtig fünf Schulen: Das Lyzeum Mariupol (Ukraine), die Deutsche Schule Hurlingham, Buenos Aires (Argentinien), die Chogoria Girls High School (Kenia), die SMAN 1 PURI, Mojokerto (Ost-Java, Indonesien) und die Alexander-von- Humboldt-Schule, Kooperative Gesamtschule in Wittmund (Deutschland). 2021 wird die Atayurt-Schule in Eskişehir/Türkei mit am EUREKA-4-Treffen teilnehmen. Alle Schulen haben sich darüber verständigt, während der internationalen Austauschbegegnungen Unterrichtsprojekte im Lernbereich Globale Entwicklung anzubieten und den interkulturellen Dialog und ein friedliches und solidarisches Zusammenleben zu fördern. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler Perspektiven für ihre zukünftige Weiterbildung und Berufsorientierung gewinnen.

 

Marike:

 

„Ich meinerseits nahm Audrey auf, ein Mädchen aus Indonesien, bei der ich beim Rückbesuch im Herbst auch wohnen würde. Wir verstanden uns direkt am ersten Abend super – teilten wir auch unsere Liebe zu den Harry Potter Filmen und Büchern. Das Thema Wasser wurde während der 14 Tagen, die unsere Gäste hier waren immer wieder aufgegriffen. So auch bei unserem ersten Tagesausflug: eine Fahrt zur Insel Langeoog. Aufgeteilt in drei Gruppen beschäftigte sich die erste Gruppe mit dem Thema Fair-Trade, die nächste mit dem Thema Küstenschutz und die dritte nahm die Wasserversorgung der Insel genauer unter die Lupe. Audrey und ich waren in der Gruppe zum Thema Küstenschutz, was sehr interessant war, denn so erfuhren wir, dass die Dünen, die Langeoog im Norden schützen, tatsächlich ausreichen, aber dennoch immer wieder Sand aufgespült werden muss um die Naturschutzgebiete der Insel zu schützen und die Landerosion zu verhindern. Ich fand es sehr spannend, zu sehen, was alles getan wird, um diese tollen Inseln aufrechtzuerhalten. Auch der Bürgermeister hat uns am Wasserturm begrüßt, und dann gab es ein weiteres Highlight des Tages: Ein Mittagessen im 4-Sterne-Hotel und Restaurant „Logierhus“, welches von indonesischen Auszubildenden, die dort arbeiten, gekocht worden ist: Auszubildende werden in Ostfriesland dringend gesucht, insofern war dies ein Beispiel für unsere Gäste, über eine Berufsausbildung z. B. im Hotelbereich nachzudenken. Es gab alles, was das Herz begehrt: Reis, Nudeln, Bolognesesauce, Scholle, Schnitzel, Gemüse, Pommes, Kartoffeln, Salat, Nachtisch und, was am meisten Audrey und ihre Freunde freute, Nasi Goreng, ein indonesisches Reisgericht. Ein echtes Highlight, durften wir uns am Ende noch mit den Auszubildenden unterhalten, und es war spannend, ihrer Geschichte zuzuhören. Anschließend zog es alle in ihrer Freizeit zum Strand, bevor wir uns glücklich, schlauer aber auch müde auf den Heimweg machten. Der nächste Tagesausflug beschäftigte sich auch mit dem Thema Wasser. Es ging nach Bremen zu den Meeresforschungsinstituten Marum, MPI und ZMT. Meine Gruppe im Marum beschäftigte sich mit Klimaveränderungen und wie sie anhand der Ozeane und der Meeresedimente bewiesen werden können. Sehr interessant, besonders da mich die Ozeane schon immer faszinierten. Von Audrey weiß ich, dass sie sich im MPI mit Mikrobiologie beschäftigten und viel experimentierten. Insgesamt hörte ich an diesem Tag nur Positives von den Schülern, also war es ein voller Erfolg, der nicht nur interessant, sondern auch lehrreich war.“

Jorma:

 

„Im Wittmunder Wald war das Thema nachhaltige Forstwirtschaft. Ich fand die Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis sehr gelungen. Alle lernten, welche Aufgaben die Forstwirtschaft hat und wie dieser nachhaltige und ökonomische Vorgang der Entwicklung des Ökosystems Wald von statten geht. Zum Beispiel dass schnell wachsende Nadelbäume gefällt werden müssen für langsam wachsende Laubbäume, damit diese überleben können. Gemeinsam haben wir dann in einer Gruppe ein Waldstück mit Säge und Baumschere durchforstet, während die andere Gruppe invasive Gehölze entfernt hat.“

 

Karlotta:

 

„Mein persönliches Highlight war aber der letzte gemeinsame Programmpunkt: die Kanutour mit dem NABU in Wiegboldsbur. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, da wir lernen mussten, das Kanu im Kanal zu bewegen, ohne dabei gegen das Ufer zu treiben, haben wir doch einen gemeinsamen Rhythmus gefunden und konnten über unsere anfängliche Unfähigkeit herzhaft lachen. Unserer Aufgabe, den Kanal von Müll zu befreien, konnten wir jedoch nicht nachkommen, da wir feststellen mussten, dass sich kein Müll in dem Kanal befand. Wir machten es uns dann zur Aufgabe, uns untereinander besser kennenzulernen, weshalb wir vier Kanus mit je drei Leuten nebeneinander manövrierten und festhielten, sodass wir im Grunde ein großes Kanu bildeten. Mit dieser Methode waren wir sicherlich nicht die Schnellsten, aber wir sind fest überzeugt, dass wir den größten Spaß von allen hatten! Ich habe die Austauscherfahrung sehr genossen! Das Eureka-Projekt bietet Chancen, die man in seinem weiteren Leben vermutlich nie wiederbekommt. Vor einem Jahr, als ich noch auf eine Schule in Nordrhein-Westfalen ging, hätte ich niemals gedacht, so eng mit Jugendlichen aus Kenia, Indonesien, Argentinien und der Ukraine in Kontakt zu kommen oder sogar selbst dorthin zu reisen. Durch das Projekt habe ich das Gefühl erwachsener zu werden, sowohl bei den Begegnungen hier als auch in Kenia bzw. Argentinien. Durch den kulturellen Austausch erweitert man merklich seinen eigenen Horizont, blickt über den Tellerrand hinaus und lernt voneinander.“

Marike:

 

„Ein anderes Highlight in dieser Woche war das Fest der Kulturen. Nach einem leckeren Essen in der Mensa, wo Schappi etwas Traditionelles aus jedem Land gekocht hatte, führte jede Gruppe etwas auf. Die Indonesier tanzten, sangen und musizierten (Audrey kann so wundervoll singen – ich bin immer noch sprachlos!), die Ukrainer ebenfalls, die Argentinier tanzten auch und die Kenianer stimmten uns mit ihrem Tanz auch ganz in die kenianische Musik ein. Auch wir deutsche führten was auf – da ein paar von uns in der gleichen Latein- Formation-Gruppe tanzen, war klar, dass wir den Anfang des Tanzes zeigen würden. Ich war ziemlich nervös

– aber das werde ich immer sein, wenn es um das Aufführen von Tänzen geht. Das Ganze brachte uns in eine super Laune und so tanzten wir Deutschen und unsere Austauschschüler am Ende alle zusammen auf der Bühne bis unsere Eltern meinten, so langsam wäre es Zeit, nach Hause zu gehen – ansonsten hätten wir wahrscheinlich die ganze Nacht weiter getanzt. Wir waren glücklich, wir waren ein Team, wir waren alle Freunde, und dabei war es uns egal, dass wir aus verschiedenen Ländern und Kulturen kommen, wir hatten einfach Spaß zusammen.

Theeske:

 

„Diese Gleichheit und Verbundenheit habe ich immer wieder in bestimmten Momenten gespürt. Beispielsweise beim Fest der Kulturen. Nachdem jede Nation etwas vorgetragen hatte, gingen wir alle zusammen auf die Bühne und tanzten den Flashmob, den einige der Austauschschüler vorbereitet hatten. Als

 

ich in diesem Moment auf der Bühne stand und mich umgeschaut habe, dachte ich zum einen, wie toll diese Menschen doch alle waren, aber zum anderen wie gleich wir doch waren. In diesem Moment hatten wir alle Freude am Tanzen, unabhängig woher jemand kommt oder welche Sprache er spricht. Ähnlich ging es mir, als wir zusammen Kanu gefahren sind. In diesem Moment saßen wir alle wortwörtlich im gleichen Boot und mal wieder hatten wir ausgesprochen viel Spaß. Diese Erkenntnis, dass wir alle im selben Boot sitzen, kann man wiederum auf die globale Ebene übertragen. Denn wir leben alle auf der einen Erde und die Themen, die wir auch während des Austauschs besprochen haben, betreffen uns alle. Wir sind alle Bewohner dieser Erde, und was mit dieser Erde passiert trifft uns alle gleichermaßen. Genau das ist der Punkt dieses Jugendtreffens. Trotz dieser Gleichheit sind die Aspekte, die uns als Menschen oder unsere Kulturen unterscheiden, nicht zu vergessen. Auch das habe ich für mich erkannt. Menschen können nicht exakt gleich sein und sie unterscheiden sich in vielen Dingen dennoch stark. Man muss immer reflektieren, warum Menschen in ihrer Situation so handeln, wie sie es tun. Niemand macht etwas ohne Grund. Die Betrachtung einzig allein aus der eigenen Position ist im Leben nur selten der einzige Weg.“

Im Fokus des Projektes während des 3. internationalen Jugendtreffens stand diesmal die Erkenntnis über und der Umgang mit den Grenzüberschreitungen der planetarischen Ressourcen (planetary boundaries/Stockholm Resilience Center) an exemplarischen Beispielen. Die Schüler/innen setzen sich gemeinsam mit ihren deutschen Partnern mit Fragen des Verlustes von Biodiversität auch in den Ozeanen und der Landnutzung auseinander. Im Zentrum stand die lokale Analyse dieser Problemstellungen in Ostfriesland und Umgebung, aber auch die Kontaktaufnahme mit Experten auf Langeoog, mit Meeresforschern in Bremen und Forstbeamten der Niedersächsischen Landesforsten. Das Lernziel war das Einüben einer globalen Sichtweise bei lokalen Entscheidungssituationen.

Die Begegnung der deutschen und indonesischen Schülerinnen und Schüler mit den Gästen aus Indonesien, der Ukraine, Kenia, und Argentinien war wiederum ereignisreich und bot ein vielfältiges Programm: Das dreitägige Vernetzungstreffen auf Borkum zusammen mit den Kommunikationstrainern, die Exkursionen im Rahmen des Projektthemas, die interkulturellen Aspekte des Besuchs der indonesischen Botschaft in Hamburg und während des Festes der Kulturen, das gemeinsame Lernen in unserer Schule und die Zeit in den Gastfamilien bildeten einen Rahmen, in dem nicht nur Neues über Artenschutz und nachhaltiges Handeln gelernt wurde, sondern auch die zwischenmenschlichen Kontakte zu neuen Freundschaften führten.

Die Projektziele wurden umfassend erreicht, auch wenn die Durchführung alternative Programmpunkte zur ursprünglichen Planung benötigte: Die Wattwanderung und die Naturerkundung wurden in Teilgruppen auf Borkum organisiert zusammen mit Naturführer Peter de Buhr. Da sich herausstellte, dass das Vogelschutzprojekt auf Borkum zum Zeitpunkt nicht genügend Anschauungsunterricht bereit stellte, wurde das Thema Biodiversität im Rahmen der Untersuchung von Watt und Spülsaum erarbeitet. Der Besuch des Hesseparks/Weener war sehr ertragreich und die Begegnung mit den Wildpferden emotional berührend,

 

besonders weil am Morgen ein sehr fachkundiger Vortrag im EEZ/Aurich zum Thema „Ökosysteme und Artensterben“ die Schülerinnen und Schüler gezielt vorbereitete. Der Vortrag und die Führung seitens der Mitarbeiter der Sielacht und des NLWKN am Wittmunder Polder und in Harlesiel vertiefte die Problematik von Landschaftsbau und Artenschutz auf sehr anschauliche Weise. Auch hat die internationale Gruppe wieder arbeitsteilig Naturschutzmaßnahmen im Wittmunder Wald durchgeführt. Die interkulturelle Verständigung wurde nicht nur auf Borkum in besonderer Weise gepflegt, sondern auch durchgängig während der Exkursionen und natürlich beim Fest der Kulturen.

Dr. Reinhard Aulke

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